„Erziehung im Gespräch“ - Elternabend zum Thema Pubertät
Im Rahmen der Seminarreihe „Erziehung im Gespräch“ fand im November der 2. Abend statt, der dem, Thema „Pubertät“ gewidmet war. Mag. Birgit Ebner, Arbeits- und Gesundheitspsychologin, seit 1995 Erziehungsberaterin und Referentin für Elternbildung, gab dabei wertvolle Impulse und sorgte für teils angeregte Diskussionen. Neben theoretischem Fachwissen gab Mag. Ebner auch interessante Einblicke in die Denkschemata Pubertierender, die aus ihrer reichen Praxis resultieren. An die 50 Eltern waren gekommen, um sich mit dem spannenden Thema auseinanderzusetzen. Manches wurde durchaus auch kontrovers diskutiert. Ein von der Referentin gestaltetes Handout vermittelte zusätzlich wertvolles Wissen und soll im Folgenden Interessierten zur Information dienen.
Handout
Vortrag und Diskussion „Pubertät“ – eine turbulente Zeit für Eltern und Kinder. Montag, 21.11.2011, Vortragende Birgit Ebner, Psychologin und Pädagogin, www.ebner-partner.at , b.ebner@ebner-partner.at
Pubertät/Jugendphase/Adoleszenz (ausgewählte Punkte)
- Ist eine von vielen Entwicklungsphasen im Leben (Säuglings-, Kleinkind-, Vorschulalter, PUBERTÄT, Erwachsenenalter, hohe Alter)
- Verlauf der Pubertät wird von der bisherigen Entwicklung – in vorherigen Phasen - beeinflusst
- Alter zw. 12 und 20 wichtige Periode vom Kind zum Erwachsenen, 12 und 16 Jahren findet bei den meisten K. die Pubertät statt/Übergang zum geschlechtsreifen Alter, zw. 16-20 Jahren vom
- jungen Erwachsenenalter/nach Ende der Pubertätsperiode
- Körperliche Veränderungen (z.B. Geschlechtsorgane, Behaarung, Fettverteilung), Kognitive Veränderungen (z.B. Verhalten, Denken, Erleben). Vor ca. 150 Jahren setzte Pubertät ca. mit 17 Jahren ein (HEUTE: Eintritt Pubertät zw. 11 & 13 Jahre bei Mädchen, bei Jungen zw. 14 &15 Jahre. Ursachen z.B. bessere Ernährung, bessere medizinische Versorgung vermindert die Wahrscheinlichkeit von Entwicklungsverzögerungen.
- Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
Was passiert im Gehirn?
- Anstieg Geschlechtshormone. Bei Mädchen Östrogene zw. 8 und 14/Durchschnitt 11 (verantwortlich für Stimmungsschwankungen); bei Jungen Testosteron (kann aggressiv und draufgängerisch machen)
- Zuletzt reift das Stirnhirn –wichtige Kontrollinstanz für Entscheiden & Handeln –ca. 30 J. abgeschl.
- Große Freiheit setzt ein, aber noch nicht voll ausgebildetes Verantwortungs-,, Risikogefühls, Pubertierende zeigen häufig vermehrtes Risikoverhalten (z.B. Alkohol, Rauchen, Sexualität)
- Zw. 12. & 18. LJ geht Geschwindigkeit mit der Pubert. Gefühle erkennen um bis zu 20% zurück
- Nicht nur hormonelle Veränderungen auch neue Verdrahtung von Gehirnzellen untereinander/weniger Verbindungen untereinander z.B. Kinder können Emotionen aus Gesichtern gut herauslesen, zu Beginn der Pubertät funktioniert diese Fähigkeit nicht mehr so gut, nach der Pubertät geht es wieder besser. Pubertierende können die Emotionen nicht mehr so klar erkennen.
- Umbau des Belohnungssystems: viel leichter erregbar – Jgdl. können schlecht von etwas ablassen, von dem sie einen unmittelbaren Vorteil/gutes Gefühl versprechen, Risikoverhalten steigt (Jugendliche, sie sich in Maßen auf Risiken einlassen, sind später sozial kompetenter als J., die Herausforderungen aus dem Weg gehen)
- Frontalhirn entwickelt sich heftig = Arbeitsgedächtnis, Überlegen, Planen, Zurückstellen von Bedürfnisbefriedigungen (nein jetzt nicht, weil...), Frontalhirn erlaubt mir langfristig zu planen.
- Kontrolle kann schon früh eingeübt werden. Selbstkontrolle/Selbstwirksamkeit – ich kann etwas bewirken, wenn ich mir Mühe geben. Ist für die weitere Entwicklung für Jugendliche wichtig, ich kann mein Leben in die Hand nehmen, mein Leben bestimmen.
- Zunahme der Gedächtniskapazität entwickelt sich zw. 13 und 18 Jahren. Gespeicherte Information modulieren und anwenden auf neue, komplexe Aufgaben (=erhöhte Möglichkeit des Arbeitsgedächtnisses, Gedächtnis für neue Probleme anwenden kann).
Was bedeutet für Mädchen/Jungen ein besonders früher Start/später Start in die Pubertät?
Früher Start M: Mehr Auseinandersetzungen besonders mit der Mutter, haben früher Kontakt zu älteren Jugendlichen und fangen oft früher an zu rauchen, trinken oder werden früher sexuell aktiv.
Später Start: Geben bei Frustrationen schneller auf, sind launischer und fühlen sich eher vom Leben enttäuscht. Ursachen könnten sein, dass sie behüteter aufwachsen als früh pubertierende Mädchen und weniger Möglichkeiten haben eigene Lösungswege zu finden.
Früher Start J: Sind aufgrund Körpergröße und besser ausgebildeten Muskeln für Mädchen attraktiver und entwickeln früher Selbstvertrauen und soziale Fähigkeiten. Später Start: Werden oftmals gehänselt und hoffen auf einen Wachstumsschub. Um davon abzulenken, greifen spät pubertierende überdurchschnittlich häufig zu Alkohol.
Welche „ Entwicklungsaufgaben “ müssen Pubertierende bewältigen?
E-aufgaben entstehen in bestimmten Lebensabschnitten des Individuums, von erfolgreicher Bewältigung hängt Glück und Erfolg bei späteren Aufgaben ab. Quellen von E-aufgaben: Körperliche Entwicklung, kultureller Druck, individuelle Wünsche und Werte. Verlauf der Entwicklung u.a. Funktion sozialer und persönlicher Erwartungen und sozialer Institutionen. Nicht automatisch, sondern Ergebnis aktiver Bewältigung.
Entwicklungsaufgaben nach Dreher und Dreher ( ca. 12. – 18. Lebensjahr)
- Aufbau eines Freundeskreises
- Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung
- Erwerb einer Geschlechtsrolle
- Aufnahme engerer Beziehungen, Sexualität
- Ablösung vom Elternhaus
- Berufswahl und Ausbildung
- Entwicklung von Vorstellungen über Partnerschaft und Familie
- Sich Selbst kennen lernen und wissen, wie andere einen sehen,
- Klarheit über sich selbst finden
- Entwicklung einer eigenen Weltanschauung, eines eigenen Wertesystems
- Entwicklung einer Zukunftsperspektive, eines Lebensplans
Wie EA bewältigt werden hängt ab von den eigenen Fähigkeiten und der Persönlichkeit, vom Umfeld, in dem ein Mensch aufwächst und den gesellschaftlichen Strukturen.
Was ist das Ziel der Pubertät?
Dass Jugendliche ihre eigene unverwechselbare Identität ausbilden. Dies gelingt durch das Reiben an erwachsenen Bezugspersonen (z.B. Lehrer/innen, Eltern), die Auseinandersetzung mit sich selbst und mit den Werten und Normen der Gesellschaft.
Was versteht man unter Risikoverhaltensweisen und welche Funktion erfüllt es?
In der Pubertät neigen Jugendliche zu Risikoverhaltensweisen. „Ganz allgemein ist Risikoverhalten als ein Verhalten zu verstehen, dessen unerwünschte Konsequenzen mit der Wahrscheinlichkeit eines Schadens bzw. Verlustes einhergehen.“ (Raithel 2004: 27) Risikoverhaltensweisen dienen häufig auch der „aktiven“ Bewältigung von Entwicklungsaufgaben; Versuch, sich alltäglichen Lebensproblemen und -herausforderungen zu stellen.
- Integration in Clique, Stabilisierung der Position
- Selbstdarstellung, Selbstbestätigung, Selbstüberwindung
- Autonomie- und Reifesymbol
- Als Entlastungs-, Kompensations- oder Ersatzhandlung (u. a. Flucht aus dem Alltag).
Was brauchen Pubertierende in dieser Zeit?
Jugendliche wissen oft selbst nicht, was mit ihnen passiert – sie brauchen Verständnis und flexible Reaktionsweisen. Wichtig ist, den Draht zum Jugendlichen erhalten.
- Klaren Erziehungsstil, Aufzeigen von Grenzen (Ich bin nicht einverstanden mit ... und nicht Du bist ein Taugenichts)
- Aufstellen von vernünftigen Regeln (können auch gemeinsam mit den Jugendlichen aufgestellt werden)
- Durchführung von Konsequenzen für Grenzverletzungen (Lassen Sie Spielräume)
- Wertschätzung, Loben, emotionale Unterstützung
- Werte, Normen vorleben
- im Gespräch bleiben, drängen Sie sich nicht auf, aber stehen Sie zur Verfügung, wenn Sie gebraucht werden
- Familienrituale
- nehmen Sie Beleidigungen nicht persönlich
- stellen Sie Jugendliche nie bloß – besonders nicht vor Verwandten, Freunden
- trauen Sie Jugendlichen etwas zu – fordern Sie sie
- Stellen Sie sich Konflikten.
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